In unserer hektischen Welt sind wir oft so sehr mit dem Streben nach Erfolg und Wohlstand beschäftigt, dass wir den Blick für das verlieren, was wirklich wichtig ist. Zwei einfache, aber tiefgründige Geschichten laden uns ein, innezuhalten und über unseren Umgang mit Geld und die Prioritäten in unserem Leben nachzudenken.
Die Kurzgeschichte von der Hand in der Vase
In der Familie ist große Aufregung. Der kleine Fritz hat in bubenhafter Neugier Mutters kostbare Kristallvase einer Untersuchung unterzogen und dabei gedankenlos seine Hand hineingesteckt.
Zuerst dreht er voller Freude die Vase mehrere Male um seine Faust und beobachtet interessiert den Glanz des geschliffenen Glases im Licht der Sonnenstrahlen. Aber als er nun die Hand wieder herausziehen will, gelingt ihm dies nicht. Er versucht es wieder und wieder, er wird zappelig, aber die schöne, glänzende Vase bleibt an seiner Hand hängen. Er zerrt und quetscht, aber alles umsonst.
Vor Angst fängt er plötzlich jämmerlich zu weinen an. Da werden Schritte laut auf der Treppe. Die Mutter kommt, und wie sie sieht, was geschehen ist, gebietet sie: „Junge, zieh die Hand aus der Vase!“
„Ich kann nicht, Mutter! Es geht wirklich nicht!“ Die Mutter versucht ihm zu helfen, aber vergebens. Fritz steht da wie ein Häufchen Elend. Wieder sind Schritte auf der Treppe zu hören. Der Vater kommt. Die Mutter geht ihm entgegen und berichtet ängstlich von dem Vorfall. Fritz zittert wie Espenlaub.
„Na“, sagt der Vater beim Eintreten, „was hast du dir denn wieder geleistet?“
Dabei huscht ein Lächeln über sein Gesicht, als er den Fritz so dastehen sieht mit der Vase in der Hand. Entschlossen tritt er vor den Jungen und befiehlt: „Fritz, jetzt ziehst du mit einem Ruck die Hand aus der Vase!“ Da stößt der Kleine unter lautem Heulen hervor: „Ich kann nicht, ich habe ein Geldstück in der Hand!“
„So lass das Geldstück los und strecke die Finger“, befiehlt der Vater. Ein leises Klirren in der Vase, und die Hand kommt heraus. Der Vater lacht auf, und Fritz kriegt wieder Farbe ins Gesicht.
Was wir aus dieser Geschichte lernen können
Die Geschichte von Fritz und der Münze in der Hand lehrt uns etwas über das Festhalten und Loslassen von Dingen, die uns vermeintlich Glück versprechen. Fritz war überglücklich, die Münze gefunden zu haben, und bemerkte dabei nicht, dass das Klammern an diesem kleinen Schatz ihn in eine missliche Lage brachte.
Ich glaube, dass es uns oft wie Fritz geht. Wir setzen unsere Hoffnung auf Dinge wie Geld, Erfolg oder Status und richten unseren Fokus ausschließlich darauf, diesen zu vermehren und zu verbessern. Wir klammern uns an diese Dinge in der Hoffnung, dass sie uns Erfüllung bringen.
So wie auch Fritz in der Geschichte müssen wir jedoch lernen zu erkennen, dass das Festhalten solcher Dinge uns auf kurz oder lang in Schwierigkeiten bringen wird. Sie hindern uns daran, das Leben in seiner vollen Freiheit und Freude zu erleben – ja, wahres Glück zu finden.
In der Theorie wissen wir zwar alle, dass uns diese Dinge nicht glücklich machen. Aber es ist immer wieder zu beobachten, dass Menschen von diesen Dingen in den Bann gezogen werden. Ich jedenfalls muss mir ehrlich eingestehen, dass ich davon auch nicht unberührt bin. Geht es dir nicht auch so?
Diese Geschichte regt dazu an, darüber nachzudenken, was im Leben wirklich zählt. Aber damit nicht genug. Ich habe noch eine weitere Geschichte gefunden, die hier nahtlos ansetzt.
Eine Kurzgeschichte vom Vater und seinem Sohn
Eines Tages fragte ein Sohn seinen Vater: „Papa, kann ich Dich mal was fragen?“ Dieser antwortete: „Klar, mein Junge. Was ist los?“ Der Sohn fragte mit einer zierlichen Stimme: „Papa, wie viel Geld verdienst du in der Stunde?“ Doch der Vater antwortete fast schon trotzig: „Nun, ich denke, solche Dinge haben dich noch nicht zu interessieren. Warum fragst du so was?“ Doch der Sohn ließ nicht locker: „Ich möchte es einfach nur wissen. Bitte bitte, sag mir, wie viel du in der Stunde verdienst.“ Und so antwortete der Vater: „Na gut, wenn du es unbedingt wissen möchtest. Ich verdiene 50 Euro in der Stunde.“ „Oh“ sagte der Junge und senkte den Kopf. Dann fuhr er fort: „Papa, kannst du mir vielleicht 25 Euro leihen?“ Äußerst verärgert reagierte der Vater: „So so! Deshalb fragst du also. Du willst dir Geld von mir leihen, um dir irgendein dämliches Spielzeug oder anderen Blödsinn zu kaufen. So nicht, mein Freund. Marschier in dein Zimmer und ab ins Bett! Du solltest mal darüber nachdenken, wie egoistisch du eigentlich bist. Ich arbeite jeden Tag extrem hart und muss mir dann abends so dreiste Fragen anhören!“
Der kleine Junge ging still und leise in sein Zimmer und schloss die Tür. Der Vater setzte sich erst mal hin, wurde jedoch umso wütender, je mehr er über die Frage des Jungen nachdachte. „Wie durchtrieben mein Sohn nur ist! Stellt mir solche Fragen, nur um an Geld zu kommen!“
Über eine Stunde verging, bis der Vater sich beruhigt hatte und anfing nachzudenken. „Vielleicht gibt es da wirklich etwas, das mein Sohn dringend braucht. Er fragt sehr selten nach Geld. Eigentlich hat er noch nie gefragt. Vielleicht braucht er die 25 Euro tatsächlich. Vielleicht habe ich ihm Unrecht getan.“ Der Vater ging zum Zimmer des kleinen Jungen, öffnete die Tür, betrat das Zimmer und fragte: „Schläfst du schon, Sohnemann?“
„Nein, Papa, ich bin noch wach.“ antwortete der Sohn. Der Vater schnaufte und sprach: „Schau mal, ich habe noch mal über alles nachgedacht. Vielleicht war ich tatsächlich ein bisschen zu streng zu dir. Es war ein langer Tag, eine Menge hat sich angestaut und du hast alles abbekommen. Hier sind die 25 Euro, um die du mich gebeten hast. Es tut mir leid.“ Der kleine Junge lächelte und sagte: „Danke, Papi!“ Der kleine Junge griff unter sein Kopfkissen und holte ein paar weitere zerknitterte Euro-Scheine hervor. Der Vater sah, dass der Junge unter seinem Kissen bereits Geld gebunkert hatte und wurde erneut wütend. Langsam und ruhig begann der kleine Junge das Geld zu zählen und schaute danach seinen Vater an. Erzürnt fragte der Vater: „Warum zum Teufel fragst du nach Geld, wenn du schon welches hast?“ Der Sohn entgegnete ihm: „Weil ich noch nicht genug hatte. Jetzt aber reicht es!“ „Wofür?“ wollte der Vater wissen. „Papi, jetzt habe ich 50 Euro. Darf ich hierfür eine Stunde deiner Zeit kaufen? Bitte komme morgen früher von der Arbeit nach Hause. Ich möchte gerne mit dir zusammen essen.“
Der Vater sank auf den Boden. Er hatte mit solch einer Antwort nicht gerechnet. Er war erschüttert, gerührt, überwältigt. Er schloss seinen Sohn in die Arme und bat ihn um Entschuldigung.
Was wir aus dieser Geschichte lernen können
Diese herzergreifende Geschichte zwischen Vater und Sohn zeigt uns, wie kostbar und unwiederbringlich Zeit ist. Was bringt all der Reichtum oder Ruhm, wenn er dazu führt, dass wir keine Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben haben? Und dies frage ich mich auch während ich diesen Artikel hier schreibe und meine Kinder ein Hörspiel hören, anstatt dass wir direkt miteinander spielen (wenn sie den wöllten ;).
Was macht diese Geschichte mit deiner Priorisierung der dir zur Verfügung stehenden Zeit? Bedenke, dass da, wo dein Schatz ist, auch dein Herz ist. Reflektiere, was die wahren Schätze deines Lebens sind. Was ist wahres Glück und wie drückt sich dies in deinem Kalender aus?