Umgang mit der Klimakrise: Zwischen faulem Optimismus und pessimistischem Aktivismus

Die Dringlichkeit der Klimakrise ist unbestreitbar – ein globales Phänomen, das nicht länger ignoriert werden kann. Mit jedem Jahr, das vergeht, werden die Auswirkungen deutlicher und verheerender. Von den Höchsttemperaturen, die 2023 weltweit verzeichnet wurden, bis zu den zunehmenden Naturkatastrophen, die ganze Gemeinschaften bedrohen, sind die Zeichen unübersehbar. Doch wie reagieren die Menschen auf diese existenzielle Herausforderung? Dieser Artikel wirft ein übergreifendes Schlaglicht auf die Menschheit selbst, ihren typischen Umgang mit Krisen und der Perspektive Hoffnung.

 

Menschen gehen unterschiedlich mit der Klimakrise um. Sowohl die innere Haltung und Veränderungsbereitschaft als auch das Wissen um den prognostierten Klimawandel beeinflussen, wie jede:r Einzelne zu dem Thema steht und welche persönlichen Maßnahmen er oder sie ergreift.

Wie so häufig kristallisieren sich hierbei schnell Extreme heraus. Extreme Haltungen und Handlungen sind meines Erachtens selten gut, aber die Gruppierung und Auseinanderzusetzung dieser Positionen hilft dabei, selbst zu einer differenzierten Meinung zu finden.

In Anlehnung an einen inspirierenden Vortrag von Julia Gerschagen an der Universität Gießen möchte ich hiermit einmal zwei gegensätzliche Pole vorstellen, die den Umgang der Menschen mit der Klimakrise sehr gut beschreiben:

  • Fauler Optimismus
  • Pessimistischer Aktivismus

 

Was fauler Optimismus bedeutet

Fauler Optimismus ist eine Haltung, die sich durch eine passive oder gar ignorant positive Einstellung gegenüber der Klimakrise auszeichnet. Er äußert sich oft in Gedanken wie „Das wird schon werden“ oder „Jetzt ist es eh zu spät!“. Im schlimmsten Fall geht es sogar so weit, die Fakten zu leugnen oder die Dramatik der Erderwärmung zu ignorieren. Diese Einstellung basiert oft auf einer Unkenntnis über die tatsächlichen Auswirkungen des Klimawandels oder einer bewussten Vermeidung, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.

Statt Verantwortung zu übernehmen und persönliche Maßnahmen zu ergreifen, verlassen sich Menschen mit faulem Optimismus darauf, dass die Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sich um diese Probleme kümmern sollten. Es tendiert zu einer Haltung der Bequemlichkeit und einem mangelnden Verantwortungsbewusstseins, bei der Menschen auf dem Sofa sitzen bleiben, alles auf sich zukommen lassen und die Bemühungen anderer zum Selbstschutz als übertrieben kommentieren.

Letztlich führt diese passive Einstellung dazu, dass sich nichts ändert, während die Auswirkungen der Klimakrise immer verheerender werden. Fauler Optimismus mag kurzfristig tröstlich erscheinen, ist aber keine Lösung für die drängenden Herausforderungen, vor denen wir als Menschheit stehen.

 

Was pessimistischer Aktivismus bedeutet

Pessimistischer Aktivismus hingegen ist geprägt von Frust, Trotz und Ärger über die Politik und Wirtschaft der Vergangenheit und Gegenwart. Sie zeigt sich dabei oft in einer respektlosen Haltung gegenüber den Entscheidungsträger:innen und neigt dazu, sich selbst auf den Thron der Rechtschaffenheit zu stellen. Auf dieser Grundlage wird jegliche Handlung, die den eigenen Zielen förderlich ist, gerechtfertigt. Schließlich müsse man ja etwas tun, um die Welt zu retten!

Die Folge sind oft extreme Maßnahmen, die die Grenzen überschreiten und in der Gefahr stehen, am Ziel vorbeizugehen. Ein anschauliches Beispiel hierfür sind aktivistische Demonstrationen, die in Vandalismus und Gewalt übergehen sowie Menschen, die sich als „Klimakleber“ auf den Asphalt kleben. Auch die Bezeichnung „Letzte Generation“ deutet auf ein Mindset hin, das von Hoffnungslosigkeit geprägt ist.

Insgesamt ist bei diesem Pol von einer negativ-destruktiven sowie nicht mehr konstruktiv-lösungsorientierten Sichtweise gekennzeichnet. Gleichzeitig besteht bei all dem Über-Aktionismus die Gefahr, auszubrennen und in einem Burnout zu landen. Auch wenn aktives Handeln unerlässlich ist, ist pessimistischer Aktivismus keine nachhaltige Lösung für die Herausforderungen der Klimakrise.

 

Doch was ist die Lösung?

Julia Gerschagen nennt in ihrem Vortrag einen dritten Weg, um der Klimakrise zu begegnen. Sie ordnet ihren Lösungsansatz dabei zwischen den Polen des faulen Optimismus und pessimistischen Aktivismus ein. Was es in ihren Augen braucht, nennt sie transformatorische Hoffnung: Eine handelnde Zuversicht, die nicht passiv bleibt und eine positive Einstellung zur Zukunft bewahrt.

Hoffnung ist dabei der zentrale Begriff, der den Unterschied macht. Eine Tugend, die uns einen Ausweg anzubieten scheint. Die Schriftstellerin Rebecca Solnit schreibt sehr treffend dazu: „Hoffnung ist eine Umarmung des Unbekannten und Ungewissen“. Sie stellt eine „Alternative zu der Gewissheit der Optimisten und Pessimisten“ dar.

 

Was Hoffnung bedeutet

In einem lesenswerten Artikel in der TAZ wird auf das Thema Hoffnung im Zusammenhang mit der Klimakrise näher eingegangen. Laut dem Artikel besteht Hoffnung aus einer kognitiven sowie emotionalen Komponente. Die kognitive Komponente ermöglicht es Menschen, Wege zu finden und zu gehen, um ein anzuvisierendes Ziel zu erreichen. Sie drückt sich in einem lösungsorientierten Handeln aus, um den gegebenen Umständen und Herausforderungen zu begegnen.

Die emotionale Komponente bezieht sich auf das ermächtigende Gefühl, das Menschen motiviert, zu handeln, auch wenn das endgültige Ergebnis ungewiss ist. Diese Ungewissheit ist dabei eine Voraussetzung für die Hoffnung. Denn was wir nicht hoffen, wissen wir bereits.

Dennoch wird daraus klar: Hoffen ist nicht nur ein Wunsch auf Besserung. Es inkludiert die aktive Mitgestaltung!

Die Herausforderung bei der Klimakrise ist jedoch, dass die Zukunftsprognosen eine eher eindeutige Sprache zu sprechen scheinen. Die Aussichten sehen auf Basis vieler Studien eher düster aus. Das bedeutet wiederum: Der Raum für Ungewissheit wird immer kleiner.

Der Philosoph Gabriel Marcel meint daher, dass Hoffnung keiner mathematischen Logik folgt. Er schreibt: „Hoffnung besteht in der Behauptung, dass es im Herzen des Seins, jenseits aller Daten, jenseits aller Inventare und aller Berechnungen, ein geheimnisvolles Prinzip gibt, das mit mir im Bunde ist.“

Vielleicht muss Hoffnung jedoch auch nochmal von einer anderen Perspektive betrachtet werden. Der Philosoph Brian Treanor setzt Hoffnung im Zusammenhang mit der Sinnfrage und sieht in der Hoffnung einen lebensbejahenden Sinn in sich. Wenn wir nicht hoffen, leben wir nicht mehr. So schreibt er: „Hoffnung und Hoffnungslosigkeit sagen jeweils etwas über das Sein an sich aus – über die Sinnhaftigkeit oder Sinnlosigkeit davon.“

Auch Vaclev Havel, der ehemalige Präsident der tschechischen Republik, schlägt in dieselbe Kerbe. Ein sehr bekanntes Zitat von ihm lautet: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“

 

Die Suche nach dem Sinn

Was aber ist nach diesen Gedanken der Sinn hinter der Klimakrise? Was Gutes soll schon hinter dieser existenziellen Bedrohung stehen?

Vielleicht lässt sich diese Frage nicht abschließend beantworten. Wohlmöglich soll sie auch gar nicht beantwortet werden und uns eher als offene Frage herausfordern. Vielleicht macht uns diese Frage aber auch die Begrenztheit unserer menschliche Natur deutlich. Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt und haben nicht immer alles im Griff.

Aber wir können hoffen. Und dabei mitgestalten. Unseren Beitrag leisten. Im Großen wie im Kleinen.

Julia Gerschagen drückt es in ihrem Vortrag so aus, dass wir Teil eines Transformationsteams sein können. Sie formuliert die Alternative zum faulen Optimismus und pessimistischen Aktivismus als transformatorische Hoffnung. Sie selbst setzt dabei als Theologin ihre Hoffnung auf eine übernatürliche Instanz, der die Spielregeln nochmal neu gestalten kann.

Dies mag nicht nach jedermanns Geschmack sein. Doch letztlich stellt sich damit eine weitere Frage: Auf was gründet sich deine Hoffnung? Was bedeutet Hoffnung für dich?

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